Gastbeitrag von Jürgen Leisten/IAS GmbH zum Thema Existenzgründung.
Als Angestellter zu arbeiten hat viele Vorteile. Die Arbeitszeiten sind geregelt, das Gehalt ist sicher und auch ein Urlaub lässt sich leicht planen. Dennoch spielen viele in Hörakustiker Jobs früher oder später mit dem Gedanken, selbst ein Fachgeschäft zu eröffnen. Damit verbindet sich meist der Wunsch, exakt nach eigenen Vorstellungen zu arbeiten und natürlich auch, finanziell noch mehr zu erreichen. Nun ist der Gedanke da – doch wie gehe ich “das Ganze” am Besten an? Im folgenden eine einfache Übersicht in 5 Phasen, die einen ersten Einstieg in das Thema bietet.
An einigen Stellen mögen die Übergänge zwischen den Phasen fließend erscheinen. Das sind sie tatsächlich auch! Eine Existenzgründung in der Hörakustik ist vielschichtig und spannend, deshalb lässt sie sich nicht zu 100% in ein Raster pressen. Und: Nicht alle Fragestellungen können im Rahmen eines Überblicks behandelt werden.
1. Planungsphase
In der Planungsphase geht es darum, dass Vorhaben wirtschaftlich zu durchdenken und einzuschätzen, ob es realistisch ist. Doch bevor man in die harten Fakten einsteigt, macht es Sinn, nochmals einen Schritt zurückzutreten und sich die Frage zu stellen: Möchte ich es wirklich machen? Denn neben den positiven Aspekten wie Verdienstchancen und Entscheidungsfreiheiten bedeutet die Existenzgründung gerade am Anfang oft mehr Arbeit sowie dauerhaft deutlich mehr Verantwortung. Ein wenig ist man als Unternehmer “auf hoher See allein” und eben derjenige, der für Gehälter, Kredite und letztendlich den Erfolg beim Kunden verantwortlich ist.
Ist man sich sicher, dass es losgehen soll, dann macht es Sinn, am Businessplan zu arbeiten. Zu diesem gehört ein Finanz-, Ertrags-, Liquiditätsplan – also eine Darstellung, wie das Vorhaben wirtschaftlich umgesetzt werden kann. Dabei wird dann auch schon deutlich, ob Finanzierungsbedarf besteht und in welcher Höhe. Außerdem erhält man natürlich eine Vorstellung, was man später einmal mit der Gründung verdienen kann.
Zusätzlich sollte in dieser Phase nach einem geeigneten Standort gesucht werden. Denn auch die Standortqualität wirkt in die Businessplanung hinein, sie beeinflußt die wirtschaftlichen Chancen einer Gründung. Mit speziellen Methoden zur quantitativen Analyse, aber auch mit qualitativer Erhebung vor Ort lässt sich ein klares Bild gewinnen.
Weiterhin sollte in der Planungsphase und auch als Teil des Businessplan geklärt werden, wie man arbeiten möchte oder muss. Hörsysteme welcher Hersteller möchte ich anbieten? Welche Öffnungszeiten sollte ich haben? Wieviele Angestellte brauche ich? Anhand solcher Fragen formt sich im Kopf Schritt für Schritt ein Bild, wie die Zukunft aussehen könnte. Dieses Bild ist hilfreich für die endgültige Entscheidung.
2. Entscheidungsphase
Wenn der Businessplan geschrieben und alle begleitenden Fragen überlegt sind, sollte man für mindestens zwei Tage vor allem eines machen: nichts. Was als Witz erscheint, hat einen ernsten Hintergrund. Man braucht einen gedanklichen Freiraum, in dem sich alles einmal setzen kann. Gut ist es beispielsweise, einfach ein Wochenende wegzufahren, wenn die Möglichkeit besteht. Oft gewinnt man dann – fernab des Alltags – nochmals eine andere Perspektive auf das Vorhaben.
Ist Klarheit erreicht, kann die Umsetzung beginnen. Nun ist es wichtig, die nächsten Schritte gut aufeinander abzustimmen. Braucht man Mitarbeiter, sollte man bereits anfangen zu suchen oder mit einer Personalvermittlung zusammenarbeiten.
3. Umsetzungsphase
Zu Beginn der Umsetzungsphase wird der Businessplan nochmals durchgegangen und auf einen guten Stand gebracht werden. Anschließend kann man eine Präsentation erstellen, mit der man bei Banken vorstellig wird und sich um die Finanzierung kümmert.
Parallel ist es wichtig, nach einem geeigneten Ladenlokal zu suchen. Ist dieses gefunden und die Finanzierung gesichert, wird es endlich konkreter.
Wie soll das Ladenlokal gestaltet werden? Möchte man hier Expertenrat, kann ein Innenarchitekt oder eine Innenarchitektin helfen. Ist die Planung klar, werden die Handwerker beauftragt und die Einrichtung bestellt. Parallel macht es Sinn, sich um ein Vermarktungskonzept zu kümmern, das mindestens aus einem Design mit eigenem Logo besteht und für alle Bestandteile der Geschäftsausstattung (Schriftzug am Laden/Schaufenster, aber auch Visitenkarten, Briefpapier, Broschüren etc) umgesetzt wird. Es kann zusätzlich sinnvoll sein, ein Differenzierungsmarketing-Konzept zu erarbeiten. Dazu folgt in Kürze ein weiterer Blogartikel. Nicht vergessen sollte man auch, dass man ein Werbekonzept für die Eröffnungsphase braucht. Dazu gehört ein Thema wie beispielsweise “Eröffnungswochen”, das in lokalen Medien beworben wird und mit Rabatten oder Sonderaktionen das neue Geschäft bekannt macht.
Weiterhin muss nun die Erstausstattung bestellt werden, beispielsweise Hörgeräte, Zubehör, Messtechnik und vieles mehr. Hier empfiehlt es sich, mit einer Checkliste zu arbeiten und Rabatte auszuhandeln.
4. Finale
Egal wie großzügig man geplant hat: In den letzten beiden Wochen vor der Eröffnung wird es meistens eng. Darauf muss man sich einstellen, sollte sich nichts vornehmen und außerdem frühzeitig anfangen, mit Checklisten zu arbeiten. Denn wenn viel auf einmal kommt, gerät auch schnell etwas Wichtiges aus dem Blick. Startet man zur Eröffnung direkt mit neuen Mitarbeitern, so sollten diese in der letzten Phase wenn möglich mit einbezogen werden. So kann man sich schon einmal näher kennenlernen, bevor man gemeinsam den ersten Kunden gegenüber tritt.
5. Eröffnung
Nun ist der Moment endlich da, auf den man lange hingearbeitet hat: Das eigene Fachgeschäft eröffnet. Es darf nicht verschwiegen werden, dass der Weg bis zu diesem Punkt meistens auch einige Nerven gekostet hat. Aber dennoch: Wenn man das erste Mal die Tür aufschließt und Kunden kommen, ist dies für viele ein besonderer Moment. Man hat sich etwas vorgenommen, was keine kleine Entscheidung war – und es konsequent umgesetzt. Man arbeitet das erste Mal in einer neuen Rolle, als Besitzer/-in eines eigenen Fachgeschäftes.
Der Autor:
Jürgen Leisten ist geschäftsführender Gesellschafter der IAS GmbH (Individual Akustiker Service GmbH) und verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung im Bereich der Hörakustik, unter anderem in der Geschäftsführung von GEERS und als CEO von Neuroth Schweiz. Er ist Experte für den Bereich der Existenzgründung in der Hörakustik und steht gerne mit Rat und Tat zur Seite. Weitere Informationen: http://www.individualakustiker.de